Ganz oder gar nicht
... das scheint das Motto zu sein, wenn man in Japan wandern will. Entweder sind die Wanderwege autobahnmäßig ausgebaut, kurz und ganz einfach, oder richtig heftig. Dazwischen gibt es nicht viel - das durften wir am letzten Wochenende in Toyama am Nordrand der Japanischen Alpen erleben.
Wir wollten einen der 3 heiligen Berge Japans erklimmen, den Tateyama mit etwas über 3000 m. Um 7 Uhr morgens ging es in Toyama los und mit einer Regionalbahn, einem Reisebus und schließlich einer Seilbahn erreichten wir in 2,5 h den Startpunkt unserer Wanderung.
Ganz unplanmäßig, aber pünklich fing es dann auch an zu regnen! Zuerst war das gar nicht so schlimm, denn es war warm genug, aber unsere japanischen Mitstreiter begannen, aus riesigen Rucksäcken ihre Regenausrüstung hervorzukramen.
Keiner war am Berg ohne Regenjacke, Regenschirm, Regenschutz für den Rucksack und auch Regenschirme haben wir gesehen. Von anderen diversen Ausrüstungsgegenständen wie Isomatte (die sahen alle unbenutzt aus) und Campingkocher will ich gar nicht reden. Bei Bedarf hätten die Rucksäcke sicher auch noch ein Iglo hergegeben!
Ich habe es bei der derzeitigen Hitze in Tokio noch nicht einmal über mich gebracht, meine Wanderjacke einzupacken und war ja schon froh, daß ich die anzippbaren Beine meiner Wanderhose dabeihatte. Dafür mußte Klaus dann leiden: auf dem Berg waren es nämlich nur noch 9 °C (!) und es gab ein Gewitter - Kavalier, der er ist, durfte ich seine Regenjacke anziehen und er zog noch sein Ersatz-T-shirt über. Oh, mein schlechtes Gewissen! Nie wieder fahre ich ohne Jacke weg!
Nach nur 650 Höhenmetern und etwa 1,5 h kamen wir auf der Hütte, unserem ersten Ziel an und konnten uns bei "Cup Noodle", der japanischen Version der 5-min-Terrine, aufheizen und von Kaiserschmarrn, Apfelstrudel und Almdudler träumen.
Dafür waren wir in einen Schinto-Schrein mit einem Priester, der auf Bestellung "Messen" für einige Wanderer las und dazu in dem kleinen Raum, der außer dem Altar auch die Gastronomie beherbergte, die Taiko-Trommel mit einer Energie schlug, daß man sich um das eigene Trommelfell sorgte! Das war zwar sehr idyllisch, vielleicht auch authentisch, aber nach fast 2 Stunden, wollte der Donner des aufgezogenen Gewitters immer noch nicht nachlassen und wir beschlossen die 5-6 h-Runde, die eigentlich geplant war, dann doch nicht zu gehen.
Also stiegen wir auf dem gleichen Weg wieder ab, auf dem wir gekommen waren, warfen noch einen Blick auf ein paar nette Seen und ein vulkanisches, vor sich hin dampfendes Tal und machten uns auf den Rückweg nach Toyama.
Überflüssig zu erwähnen, daß auf dem Gipfelgrat der schönste Sonnenschein herrschte, als wir wieder unten waren!